Hanazono Merry go Round

Autor: Kashiwagi Haruko
Verlag: Shôgakukan
Reihe: Big Comic Spirits
Bände: 5
Jahr: 2001-2002

Stichworte:
Abenteuer, Drama, Erotik,


01.11.2001
ISBN4-09-186361-2
01.02.2002
ISBN4-09-186362-0
01.05.2002
ISBN4-09-186363-9
01.08.2002
ISBN4-09-186364-7
01.01.2003
ISBN4-09-186365-5

Hanazono Merry go Round (Blumengarten Merry go Round) ist ein ziemlich spezieller Manga: Er lässt sich vom Genre her gesehen schlecht in einer Schublade reinpressen. Es wird das Abenteuer eines Jungen erzählt, dem es in einem Dorf verschlägt, in welchem noch archaische Shinto-Bräuche gepflegt werden. Der Junge wird Zeuge seltsamer Geschehnisse, doch dazu unten mehr ...

Inhalt

Der Junge Kiichi

Die Geschichte wird gleich zu Beginn von der Retrospektive aus erzählt:
Der 15-Jährige Schüler Aiura Kiichi erfährt von seinem Vater, dass seine Vorfahren im Besitz eines Schwertes namens "Karasumaru" gewesen seien. Das Schwert soll in der Zwischenzeit im Besitz eines Mönches sein, der im kleinen Dorf Yatakemura lebt; dem Dorf der Vorfahren der Familie Aiura. Kiichi entschliesst sich das Schwert zu holen und macht sich auf dem Weg zum Dorf. In einem Lokalbus verpasst er die richtige Haltestelle und muss dann in der verlassenen ländlichen Gegend zu Fuss weitergehen. Die Nacht fällt, schnell ist alles pechschwarz. Kiichi kriegt esmit der Angst zu tun, aber zu seinem Glück kommt ihm ein Mädchen mit einem Roller entgegen und bringt ihn zu einem Gasthaus in einem abgelegenen Dorf names Kebigasawa.

Mizue vergreift sich an Kiichi

Das Gasthaus "Masagaya" in Kebigasawa gehört der Familie des Mädchens, die Kiichi aufgelesen hat. Das Mädchen heisst Sumiko. Sie sieht sehr hübsch aus, wirkt aber mit ihrer Miene auf den ersten Blick etwas unfreundlich. Sie spricht mit Kiichi kaum und verlangt am nächsten Morgen ohne Umschweife gleich die Rechnung für die Übernachtung. Kiichi stellt dabei mit Schrecken fest, dass er auf dem Fussmarsch seine Brieftasche verloren hat. Es bleibt ihm nichts anderes übrig, als eine Weile auf die Hilfe der Familie von Sumiko angewiesen zu sein, bis er von seinen Eltern Geld geschickt bekommt.
Kiichi gefällt dieser Umstand nicht. Die Menschen in der Familie und im Dorf begegnen ihn mit Misstrauen, er weiss nicht weshalb. Nur die Mutter von Sumiko, Mizue, ist Kiichi gegenüber freundlich gesinnt. Etwas zu freundlich, den gleich am ersten Abend wünscht sie ihm in einem durchsichtigen Dessous gute Nacht. Kiichi weiss nicht, was er von diesem Annäherungsversuch halten soll, er ist verwirrt.
Noch mehr verwirrt Kiichi aber der Vorfall am nächsten Tag beim Besuch einiger Dorffrauen, die ihn kurz zu einem Tee eingeladen haben. Die Frauen befragen ihn sehr schnell nach seiner Penisgrösse und vergreifen sich an ihm. Mit Glück kann er sich aus der Gewalt der Frauen reissen und kehrt geschockt ins Gasthaus zurück. Sumikos Mutter entgeht der Zustand von Kiichi nicht, sie spricht ihn am selben Abend zunächst zögerlich auf den Vorfall an. Doch plötzlich umarmt sie Keiichi, zieht sich aus und vergreift sich gleich an ihm....

Zwei der Dorffrauen, vor denen sich Kiichi zu Recht fürchtet

Am nächsten Morgen erfährt Kiichi von Sakiko, eine der drei Dorffrauen, die ihn am Vortag beinahe vergewaltigt hätten, dass Mizue mit 33 Jahren sich gerade im "Unglücksjahr" befinden würde. Mit einem jungen Mann Sex haben, sei für Frauen in diesem Alter eine Möglichkeit, grosses Unglück abzuwenden. So sagt es ein Brauch. Zudem soll der Brauch das abgeschlossene Dorf vor einer Verdünnung der Blutlinie der Bewohner bewahren. Doch nicht jeder hergelaufene Junge sei dafür gut genug. Um die Gesundheit der möglichen "Kandidaten" zu testen, wird ihnen ein giftiger Pilz serviert. Wird es einem "Kandidaten" von diesem Pilz nicht schlecht, so kommt er für den Brauch in Frage.

Ein verängstigter Kiichi versucht Antworten bei Sumiko zu kriegen

Kiichi wird das Dorf Kebigasawa langsam aber sicher unheimlich. Er versteht die Bräuche nicht und weiss nicht, wie er mit den Dorfbewohner umgehen soll. Von den älteren Dorfbewohner erntet er nur noch mehr misstrauische Blicke, Sumiko zeigt ihm irgendwie die kalte Schulter, Sumikos Mutter Mizue hingegen will ihn vernaschen und Sakiko und ihre Freundinnen interessieren sich auch für ihn. Kiichi entschliesst sich, so schnell wie möglich dieses unheimliche Dorf zu verlassen, aber zuerst wird er von der Grossmutter des Gasthauses zum Schneeschaufeln und Kühe Futtern befohlen, da er nicht für umsonst Übernachten und Essen soll. Da er den Erklärungen nicht richtig zugehört hat, sucht er Mizue auf und findet sie zusammen mit einigen anderen Frauen in einem kleinen Tempel eine seltsame Zeremonie abhalten. Er schaut heimlich zu, wird aber dann entdeckt , erntet zuerst von allen Frauen schockierte Blicke und dann von Mizue einen wütenden Blick. Kiichi rennt schockiert davon und trifft dann gerade auf Sumiko. Er weiss nicht, ob er ihr von diesem Vorfall erzählen soll; schliesslich weiss er nicht, wie sie dann reagieren wird (besonders wenn sie die Sache zwischen ihm und ihrer Mutter erfahren würde). Auf jeden Fall vertraut er Sumiko seine Ängste an, sie zeigt dafür Verständnis (Auszug 1).

Am gleichen Abend entschliesst sich Kiichi, in Sumikos Zimmer zu essen, da die Frauen von der seltsamen Zeremonie, dessen Zeuge er gerade geworden ist, zu Besuch sind. Er hat den Mut nicht, diesen Frauen und Sumikos Mutter gegenüber zu treten. Als im Nebenzimmer plötzlich die Stimmen von betrunkenen Frauen zu hören sind, die sich an den jüngeren Bruder von Sumiko heranmachen, kriegt Kiichi beinahe Panik. Sumiko schliesst ihre Türe ab und legt ihm zur Beruhigung Kopfhörer an. Die Musik ist ihm vertraut, sie stammt von einer Gruppe die er sehr schätzt. Als er das Sumiko sagt, freut sie sich plötzlich sehr (das erste Mal, wo er sie mit einem fröhlichen Gesicht sieht); beide kommen ein wenig ins Gespräch ...
Kiichi wird noch viele Dinge in diesem Dorf erfahren, doch mehr darüber zu erzählen, wäre dem Leser gegenüber nicht fair.


Weiterführende Infos

"Meine Reise ist verschieden pink", so lautet der Spruch auf dem Werbeumschlag des ersten Bandes. Meiner Meinung nach trifft dieser Spruch recht gut die widerstrebenden Gefühle, die in Kiichi vorgehen.
Mit Hanazono Merry go Round bringt die Zeichnerin Kashiwagi Haruko nach Inu (Young Sunday Comics, 6 Bände), Yoiko no Hoshi (Young Sunday, 6 Bände) und Bura Bura Ban Ban (Young Sunday, 5 Bände) bereits ihren vierten Manga heraus. Wie schon in "Inu" spielt auch in Hanazono Merry go Round das Thema Erotik eine grosse Rolle. Drehte sich bei Inu die Geschichte noch um einen hässlichen Brillenträger, der sich in einer hübschen Frau verliebt und sie mit allen Mitteln für sich erobern will und Yoiko no Hoshi um ein durchgedrehtes Mädchen in der Grundschule, ist die Handlung von Hanazono Merry go Round (von nun an als "Hanazono" abgekürzt) wesentlich realistischer ausgefallen.

Es wäre wohl besser gewesen, wenn Kiichi das nie entdeckt hätte...
Er wird das etwas unheimliche Abenteuer des jungen Kiichi erzählt, der wider seines Willen in einem Dorf festsitzt, in welchem alte Sex-Bräuche gepflegt werden und Polygamie scheinbar als normal gilt. Was wie die Geschichte eines Adult Manga für Männer klingt, täuscht: Kashiwagi Haruko verzichtet auf effekthascherische pornograpische Szenen und bringt stattdessen verstärkt das beklemmende Gefühl des Protagonisten zum Vorschein, der mit dieser fremden Welt nicht klar kommt und sich mehr als einmal mit dem Gefühl der Scham, der Angst, der Reue und der Lust auseinandersetzen muss. Das macht den Manga sehr realistisch.
Die Geschichte ist im Magazin Big Comics Spirits erschienen, ein Magazin, das sich an erwachsene Leser richtet und deren Reihe im Westen für Manga wie Takahashi Rumikos "Maison Ikkoku" und Takashi Shins "Saishuu Heiki Kanojo" (Saikano) bekannt ist. Das Magazin ist ein bisschen auf Liebesgeschichten spezialisiert, und man kann sich daher fragen, ob auch bei dieser Geschichte die beiden Protagonisten (Kiichi und Sumiko) einander näherkommen werden. Anzeichen gibt es bereits im ersten Band genug, doch die Kiichi widerfahrenden Ereignisse und Vorfälle überwiegen beinahe die sich anbahnende Romanze zwischen den beiden. Von daher gesehen fällt es einem nicht leicht, diesen Manga mit einem einzigen Label wie "Liebesgeschichte" kategorisieren zu wollen. Am Hanazono kann man als Drama sehen, aber auch als eine Art Entwicklungsroman mit einem starken Touch an Erotik. Die angeschnittenen Genres sind vielfältig und lassen keine Langeweile aufkommen.
Du willst dein Schwert?! Dann hols dir!!

Vom Zeichnerischen her gesehen sticht das sehr detailierte Artwork hervor. Der Zeichenstil der Personen ist eine Mischung aus einem realistischen Mangastil und einem eher cartoonhaftem Stil wie man ihn z.B. von Adachi Mitsuru kennt. Es fällt auf, dass der Zeichenstil der Personen die ganze Geschichte hinweg gleich bleibt. Es gibt keine zahlreichen Wechsel zwischen eher realistischen Stilen und groben Karikaturen oder Super Deformed. Zudem werden die Hintergründe nicht nur angedeutet, sie werden auch oft detailreich gezeichnet was dem Leser erleichtert, sich mit der Umgebung der Handlung näher vertraut zu machen. Weiter fällt auf, dass Kashigawa Haruko (oder ihre Assistenten) den Grossteil der Hintergründe auch wirklich von Hand zeichnet; nur wenige Gegenstände, Häuser und Landschaften sind Rasterfolien.
Ein weiteres Merkmal von Kashiwagi Harukos Zeichenstil sind die vielen langen dünnen Striche, mit der sie Reliefs und Schatten zeichnet, aber auch die Farbe an den Wangen der Personen. Das alles zusammen mit ihrer Bevorzugung für generell etwas dickeren Umrisse macht ihr Artwork unverkennbar.
Für die Leser, die kein Japanisch lesen können, gilt festzuhalten, dass sich einem die Geschichte dank zahlreichen längeren Passagen mit wenig Text relativ gut erschliesst, auch wenn man die Details nicht genau versteht.Als persönliches Fazit kann ich diesen Manga allen Lesern ans Herz legen, die auf der Suche nach einer aussergewöhnlichen und sehr realistisch erzählten Geschichte sind, ein gut gezeichnetes realistisches Drama suchen, und gerne mit der Hauptperson mitleiden. Denn der arme Kiichi kann einem wirklich Leid tun bei all den Dingen, die er durchstehen muss.


Kiichi will unbedingt den Schlüssel, aber Sumiko versucht ihn daran zu hindern...

Nachtrag

Mittlerweile ist die Geschichte abgeschlossen. Hanazono Merry Go Round wird im Verlauf der Handlung immer dramatischer, lässt aber am Ende Platz für Hoffnung offen. Die letzten Seiten erzählen wieder aus der Gegenwart, und zwar aus der Perspektive von Haruko, dem Mädchen, das Kiichi nach Kebigasawa zu Hilfe geeilt ist und später angeblich die Zeichnerin Haruko Kashiwagi geworden sei, also die Zeichnerin dieses Mangas(!). Ob Haruko Kashiwagi nun tatsächlich die Geschichte in Hanazono Merry go Round erlebt hat, bezweifle ich persönlich mal. Nichtsdesto trotz hat Hanazono... mich stellenweise sehr in seinen Bann gehalten. Ein Manga, den ich wirklich weiterempfehlen kann.

 

pictures©Kashiwagi Haruko/Shougakukan
Text ©Yaniv Tempelman (Oktober 2002)
Last update: Februar 2003